2007/09/29

Post Scriptum

Nur damit wir nach all den Berichten und lustigen Fotos nicht ganz aufhören dran zu denken, wo diese Stadt vor nichtmal 15 Jahren war... damit wir vielleicht eine mögliche Erklärung haben für Dinge, die wir hier nicht verstehen, und nicht vergessen, dass ein Sommer in Sarajevo nicht immer bloß ein Synonym für harmlose "Ferien mit Arbeit" war.
Und damit wir sehen, wieviel seitdem schon weitergegangen und besser geworden ist - auch wenn sich der Alltag hier nicht immer so ganz nach rasant-positivem Fortschritt anfühlt.






1) Das Parlamentsgebäude 1992 - vom Holiday Inn aus gesehen. (© Mikhail Evstafiev; taken from http://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Sarajevo)

2) Der bosnisch-serbische Cellist Vedran Smailović. Trotz der Bedrohung durch Scharfschützen spielte er häufig in der Ruine der Nationalbibliothek sowie auf Begräbnissen, um ein Zeichen gegen die Zerstörung seiner Stadt durch "sein Volk" zu setzen. (© Mikhail Evstafiev; taken from http://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Sarajevo)

3) und 4) Der am stärksten umkämpfte Stadtteil Grbavica; im ersten Bild auf der rechten Seite das Stadion, in dem ich letztes Wochenende Željo spielen gesehen habe. (public domain; taken from http://de.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_Sarajevo)

5) Die heutigen UNITIC-Türme 1996 (© Ari Davidow; taken from http://www.ivritype.com/eeuro96/sarajevo/sarajevo.tour.html)

Is there a time for keeping a distance?

Hmm... Nachdem ich morgen um exakt 12:05 wieder abfliege, wäre hier wohl ein klassischer Resümee-Eintrag angebracht. Irgendwie bin ich aber akut nicht in der Stimmung für irgendwelche "Und die Moral von der Geschicht..."-Überlegungen.
Die letzten Tage bestanden aus einer nicht wirklich angenehmen Abschiednehmphase, vermischt mit Vorfreude auf daheim. Das Abschiednehmen von Sarajevo wurde soeben mit einem längeren Spaziergang durch die Stadt endgültig vollzogen; "Abschiednehmen von Menschen, Teil X" gibt's heute Abend mit der üblichen Runde bei Tim und Ben. Was nicht ganz leichtfällt, nachdem doch 2 oder 3 Leute dabei sind, mit denen ich mich in den letzten Monaten wirklich gut angefreundet habe. Irgendwie wär's einfacher gewesen, statt der unzähligen letzten Abendessen/Biere/Treffen einfach unbemerkt zu verschwinden...
Immerhin wurden natürlich reichlich potentielle Wiedersehen in den Raum gestellt - zumindest aber ein Besuch in Lilis neuerworbenem Orgienappartment (mit Jacuzzi!) in Foča samt Ausflug zur Brücke über die Drina in Višegrad, zu der ich's ja leider diesmal nicht geschafft hab, sollte aber in nicht allzu ferner Zukunft eventuell drinn sein. Und davor vielleicht Brüssel im Winter, hm?

Alles in allem war's ein guter Sommer - wenn auch definitiv der gefühlt kürzeste ever. Viel Neues gehört und gesehn, viele interessante Menschen getroffen und höchstwahrscheinlich auch was gelernt dabei. Bleibt zu hoffen, dass sich der Eindruck, dass es das in jeder Hinsicht mehr als wert war, in Zukunft bestätigt bzw. noch verstärkt.

Hier gibt's die letzten FOTOS (auffallend viele Leute beim/mit Essen diesmal, hehe)

Man sieht sich in Wien oder sonstwo... bis bald! :)

2007/09/26

Ramadan in Sarajevo








2007/09/25

Let's go get lost...

Hier gibt's noch einige Fotos vom letzten Wochenende...

Am Sonntag stand ein Ausflug nach Butmir mit Lili, Kjetil und Joshua am Programm - zuvor haben wir uns aber mit Lilis klapprigem altem Renault noch ziemlich ausgiebig im huegeligen Norden Sarajevos verfahren, nachdem der gscheite Norweger seinen fuer unseren Trip notwenigen Pass vergessen hatte. Irgendwann war die Fahrerin (welche ihren Fuehrerschein nach eigener Aussage fuer ca. 100$ in Armenien gekauft hat... Fahrstunden waren da halt bedauerlicherweise keine inkludiert) dann so entnervt von den winzig kleinen Gassen, welche immer im Kreis zu fuehren scheinen und manchmal unvermittelt im Nichts enden bzw. in eine steile, schmale Stiege uebergehen, dass Kjetil das Steuer uebernommen hat, um uns aus dem Chaos wieder rauszunavigieren...

Der Soundtrack waehrend der gesamten Fahrt war jedenfalls perfekt... ein definitiv absurder Widerspruch zwischen Iron Maiden, Guns N' Roses usw. und dem aengstlich-zoegerlichen Gekrieche um die unuebersichtlichen Ecken enger Gassen - mal wieder einer dieser grossartigen Momente, wo man das Gefuehl hat, unvermittelt in einem ganz persoenlichen Musikvideo gelandet zu sein. (Haben das andere Leute eigentlich auch? Dieses Soundtrack- oder Videoclip-Gefuehl manchmal? Oder is das meine private Ausgeburt des MTV Generation-Traumas? Hmm...)

In Butmir/Ilidža haben wir uns dann mit unserem nach wie vor unter haemmernden Baessen erzitternden Gefaehrt gleich nochmal gscheit verfahren... ca. 3 Stunden Zeitverlust, alles in allem, obwohl hier der Begriff "roadtripping" doch deutlich besser passt.
Danach ging's erstmal zum Tunnel-Museum; nachdem ich ja schon mal dort war, bin ich ein bissl rumspaziert, waehrend die anderen drinnen waren. Durch die Naehe zum Runway des Sarajevo Airport hatte ich sogar Gelegenheit, meine nie enden wollende kindliche Faszination und Begeisterung fuer Flughaefen und alles drum herum auszuleben, hui...

Der Hauptgrund fuer unseren Ausflug war allerdings der Besuch im NATO/EUFOR Camp in Butmir, bzw. genauer gesagt das von Lili dort versprochene Schlaraffenland aus echten Irish Pubs, guten Restaurants und steuerfreien Shops aller beteiligten Nationen (+ in Joshuas Fall: sexy Soldatinnen aus aller Herren Laender ;))
Ausser Joshua is dann auch tatsaechlich niemand enttaeuscht worden; ich hab unter anderem einen Rucksack gekauft, um meine ganzen im Lauf dieser 3 Monate erworbenen Schaetze auch heimtransportieren zu koennen. (ich will garnicht wissen, was mir Alitalia pro kg Uebergepaeck verrechnen wird, aaaahhhh). Ausserdem wurden trashige US-Hochglanzmagazine zum unpackbar billigen "Normalpreis" (ohne den in Europa ueblichen ca. 500% Aufschlag), Buecher, Big Red Zimtkaugummi, Erdnussbutter (die hat Joshua sogar ueber den eklatanten Mangel an Soldatinnen ohne Damenbart hinweggetroestet), Sonnenbrillen, pseudolustige Postkarten und anderer eigentlich unnoetiger Krempel gekauft... toll war das!

Ansonsten geht's jetzt wirklich an's Abschiednehmen hier... In der Arbeit is es grad ein bissl stressig (immerhin aber offensichtlich nicht so stressig, dass ich nicht mehr zum bloggen kaeme, hehe), weil mein Report ja bis Freitag fertig werden soll und sich der "Begutachtungsprozess" + Rueckgabe an mich samt Aenderungswuenschen auf Grund der vielen involvierten Beteiligten immer ewig hinzieht.
Morgen Abend gibts ein kleines Abschiedsessen fuer Kjetil und mich mit einigen Kollegen (gediiiiiiegen!!) und am Freitag dann unsere richtige Abschiedsparty mit ca. 20 Leuten in der Pivnica und wohin auch immer uns der Abend halt im weiteren Verlauf noch fuehrt... Samstag sollte dann wohl die Wohnung geputzt werden, nachdem eine Bekannte von mir, die "mein" Zuhause fuer Oktober mietet, am Sa.Abend einziehen wird.

2007/09/24

Premijer Liga #2

FK Željezničar : NK Jedinstvo Bihać (22/09/07)

Sozusagen in letzter Minute jetzt also endlich mein Ausflug nach Grbavica. Und es hat sich herausgestellt, dass ich seit Saisonbeginn vermutlich zwei grossartige Heimspiele Željezničars verpasst habe - wer sich wie letzte Woche einen Samstagnachmittag voll sonnengeblendeter Langeweile am Spielfeld und drumherum erwartet hat, lag diesmal definitiv falsch.
Dass Željo die Gaeste aus Bihać auch noch ohne viel Muehe mit 6:0 abfertigte, hat die Anwesenden zwar offensichtlich gefreut - es schien aber klar, dass auch ein umgekehrtes Spielergebnis nichts am Einsatz der Fans geaendert haette. Wie Mirza, Ultra Corps-Mitglied und seit seinem 5. Lebensjahr Željezničar-Fan, es ausgedrueckt hat: "They are one thing, down on the pitch - but we, we are the second thing!" Dieses Selbstverstaendnis der blau-weissen Fans (das ja nicht zuletzt angesichts der diesbezueglich doch etwas enttaeuschenden letzten Erfahrungen in Koševo durchaus nicht ueberall gleichermassen verbreitet ist) aeusserte sich dementsprechend auch in 90 Minuten durchgehender Gesaenge und Sprechchoere, sowie generell auffallend guter Stimmung nicht nur auf der etwas baufaelligen Suedtribuene, wo ich zwischen den Anhaengern diverser Fangruppierungen meinen Platz gefunden habe.

Die angesichts dieser Manifestation von Interesse seitens weiblicher Nicht-Bosnier offenbar gleichermassen erstaunten wie positiv ueberraschten Umstehenden zeigen sich erwartungsgemaess sehr zufrieden mit meiner - voellig ohne irgendwelche hoeflichkeitsbedingten Halbwahrheiten auskommenden - Antwort auf die Frage nach meinem ersten Eindruck ihres Klubs und natuerlich vor allem der Fans.

Jetzt tut's mir noch mehr leid, dass ich das Derby gegen Sarajevo am 06.10. so knapp verpasse... besonders, da die groesste Supportergruppe The Maniacs bei diesem Spiel ihr 20jaehriges Bestehen feiern wird - auf welcher Seite ich stehen wuerde, waere aber spaetestens seit Samstag ohnehin klar gewesen.

-> FOTOS

ausserdem gibt's trotz anhaltender technischer Schwierigkeiten mal wieder ein Video...

2007/09/22

fast and furious

Nur ganz kurz, nachdem ich noch einen mittelgroßen einkaufstechnischen Rundumschlag zu tätigen habe (Gescheeeenkeeee - großteils aber eh für mich selber, hehe) bevor ich um 15:30 endlich Željezničar (gegen Jedinstvo Bihać) spielen sehe...

1) FOTOS der letzten Woche

2) ca. 3 1/2 FOTOS vom Spiel Sarajevo : Basel... lohnt sich aber kaum, da wirklich nicht viele und chronisch unterbelichtet, bedauerlicherweise

schönes Wochenende allerseits... :)

2007/09/19

Косово // Kosova

Der heutigen Ausgabe des Independent zufolge zieht die Internationale Gemeinschaft ihre Unterstuetzung fuer die Unabhaengigkeit des Kosovo einen weiteren Schritt zurueck. Mit Verweis auf den deutschen Botschafter in London und Vertreter der EU in den Statusverhandlungen, Wolfgang Ischinger, wird festgehalten, dass "Kosovo is no longer being offered internationally-supervised independence from Serbia", was ich grundsaetzlich gar nicht so schlecht finde.
Auch wenn man die zum ueberwiegenden Teil historisch begruendeten Ansprueche Serbiens auf das Gebiet des Kosovo als Schauplatz der Schlacht am Amselfeld (1389), einem der grossen serbischen Gruendungsmythen, ausser Acht laesst, stellt sich doch die Frage nach Sinn und Vorteil einer staendig weiter fortschreitenden Zersplitterung der Region in immer kleinere und nicht mal mehr ansatzweise selbststaendig "ueberlebensfaehige" Einheiten. Der Kosovo als wirtschaftlich schwaechste und unterentwickeltste Region Jugoslawiens verfuegt heute noch weniger ueber die oekonomischen Moeglichkeiten, sich irgendwann in den naechsten Jahren selbst zu erhalten. Der kosovo-albanische Anspruch, nach der Repression durch das Milošević-Regime nicht mehr zu einem serbischen Staat gehoeren zu wollen/koennen, kann derartige praktische Ueberlegungen doch wohl kaum aufwiegen? [Ok, hier kommt mir vermutlich mein ueberwiegendes generelles Unverstaendnis fuer derartige Bestrebungen, sowie meine unerklaerliche Antipathie gegen Albaner in die Quere - beides fuer die Einschaetzung der Situation laestige Hindernisse, deren ich mir durchaus bewusst bin, und die ich trotzdem nie ganz aus dem Kopf bekomme.]

Letzten Endes laeuft im Kosovo jedenfalls alles auf die Errichtung eines weiteren "Protektorats" (bin das uebrigens nur ich, die durch diesen Begriff immer an zweifelhaftes Kolonialismus-Neusprech aus der duestersten "white man's burden"-Ecke erinnert wird?) der Internationalen Gemeinschaft hinaus. Im Gegensatz zu BiH - welches der ehemalige High Representative Christian Schwarz-Schilling uebrigens im Rahmen eines Vortrags in Wien im Oktober 2006 herzhaft lachend als die "letzte absolutistische Monarchie Europas mit mir als Alleinherrscher" bezeichnet hat - besteht im Fall des Kosovo jedoch nicht die Aussicht, in absehbarer Zeit wirkliche Eigenverantwortung zu uebernehmen oder ohne finanzielle Hilfe aus dem Ausland auszukommen.
Die Internationale Gemeinschaft sah bisher "internationally supervised independence" als beste Loesung - das scheint nun erstmal vom Tisch zu sein. Ischinger: "I would say that we will try to reach a status solution which will provide for an internationally-supervised status for Kosovo. I would leave open independence. I would rather talk about a strong supervised status." (1) Waehrend diese Einschraenkung zum Grossteil durch die Weigerung Serbiens bzw. Russlands, Unabhaengigkeit fuer den Kosovo als Verhandlungsoption in Erwaegung zu ziehen, bedingt wird, stellt ein Kosovo, in dem man voellig ungehindert ein und aus gehen kann, natuerlich auch einen wunderbaren Ausgangspunkt fuer diverse Abenteuer weiter im Osten dar - hier ganz vorne dabei wenig ueberraschend die USA, denen von den diesbezueglichen "ueblichen Verdaechtigen" eine Reihe von mehr oder weniger glaubwuerdigen Schweinereien und eigennuetzigen Plaenen unterstellt wird. Unbestreitbar bleibt allerdings, dass ein weiterer, langfristiger "Stuetzpunkt" am Westbalkan wohl keinem der involvierten Staaten gaenzlich ungelegen kaeme.

Gleichzeitig ist aber natuerlich klar, dass diese Entwicklung die albanische Mehrheit im Kosovo nicht grade erfreuen wird. Diese betrachtet das Angebot Belgrads einer weitgehenden Autonomie fuer den Kosovo (nominell weiterhin Teil Serbiens, jedoch mit nahezu uneingeschraenkter Selbstverwaltung) als unannehmbar. Weiters wurde schon vor einigen Wochen angekuendigt, im Fall eines Stagnierens der Statusverhandlungen am 28. November 2007 unilateral die Unabhaengigkeit erklaeren zu wollen. Somit muss ein unruhiger und moeglicherweise gewalttaetiger Winter in der umstrittenen serbischen Provinz erwartet werden.

Darueber hinaus wird von manchen Seiten eine durch eine eventuelle Unabhaengigkeit des Kosovo ausgeloeste "Kettenreaktion" in diversen Regionen Europas befuerchtet (dies ist auch der offizielle Vorbehalt Russlands gegen die albanischen Unabhaengigkeitsbestrebungen, sowie ein durch Serbien gerne angefuehrtes Argument). Eines der geographisch naechstgelegenen betroffenen Gebiete waere zweifellos die Republika Srpska, wobei sich bosnisch-serbische Politiker allerdings derzeit durchaus konstruktiv und vernuenftig geben, so etwa der (grundsaetzlich durchaus nicht fuer seine Konstruktivitaet und Vernunft bekannte) Premierminister der RS, Milorad Dodik, welcher in einem Interview mit Nezavisne Novine vom 13.09.2007 erneut dezitiert festhielt, dass der Ausgang der Statusverhandlungen im Kosovo auf den Status der RS keinerlei Einfluss haben solle oder wuerde:

NN: "Very often the final solution of the status of Kosovo is linked to the status of the Republika Srpska. Do you think that there is a direct link between the status of Kosovo and the status of RS?"
DODIK: "Of course not. The status of Kosovo is a matter of agreement between Belgrade and Priština and an internal matter of Serbia. We will, of course, respect any agreement reached at the negotiating table, as well as all decisions made by the Security Council. I am convinced that a solution will be reached through negotiations between Belgrade and Priština which will not have an influence on political and general developments in BiH."

Klingt ganz gut - bleibt zu hoffen, dass Mr. Dodik sich daran auch in ein paar Monaten noch erinnert.
Zumindest derzeit ist die RS eindeutig mehr mit der konkreten Ausgestaltung ihrer Rolle innerhalb Bosnien und Herzegovinas, sowie mit der Verteidigung ihrer Eigenstaendigkeit in diversen Bereichen (darunter v.a. in Bezug auf die durch die EU als zwingende Voraussetzung fuer den Abschluss eines SAA betrachtete Polizeireform) beschaeftigt, als mit irgendwelchen Abspaltungsplaenen.

2007/09/16

Neum-Nachschlag




[alle: © UH]

Premijer Liga #1

FK Sarajevo : NK Široki Brijeg (15/09/07)

Und wieder einmal raufgepilgert ins Olympiastadion Asim Ferhatović-Hase - diesmal, um den ersten Teil meines Vorsatzes, jeden der beiden Fußballclubs Sarajevos zumindest einmal in einem Ligaspiel zu sehen, wahr zu machen. Statt der bereits bekannten Tribine Istok ging's zur Abwechslung in die (vermeintliche) Spassecke: die Nordkurve, Heimat der Horde Zla. Bedauerlicherweise wollte allerdings dieses Mal sowohl am Spielfeld, als auch auf den Rängen keine wirkliche Stimmung aufkommen: Das erste Tor durch Sarajevo wurde bereits in der 8. Minute erzielt (alle Zeitangaben müssen übrigens als geschätzte Richtwerte verstanden werden, da die Stadionuhr - nachdem sie mind. 25 Jahre und einen Krieg überstanden hat - irgendwann seit dem Spiel BiH : CRO endgültig den Geist aufgegeben hat und wie üblich keinerlei Information durch den Stadionsprecher erfolgte), danach bestand die erste Hälfte überwiegend aus lust- und antriebslosem Herumgekicke am Rasen und ebenso unbeteiligtem halbherzigem Gegröhle um uns herum.
Nach der Pause ging's eigentlich ganz in diesem Stil weiter - allerdings verfiel die Horde Zla-Meute nun überhaupt in dumpf-brütendes Schweigen, welches nur durch zunehmendes Gemurre über mehrere vergebene Chancen Sarajevos, sowie einige Patzer des Schiedsrichters zweitweise gebrochen wurde. Die zwei Tore durch Široki in der 60. und 67. Minute trugen dann wenig überraschend auch nicht gerade dazu bei, die Stimmung wieder anzuheben. Wenige Minuten vor dem Schlusspfiff, den sich Spieler, Schiedsrichter und die sonnengeblendeten "Massen" auf den Rängen (meiner sehr unzuverlässigen Schätzung zufolge vielleicht 2500 Sarajevo-Fans; gezählte Široki-Supporter: Ø) gleichermassen herbeizusehen schienen, gelang Sarajevo dann noch der Ausgleich zum 2:2. Dieser schien beide Teams doch einigermassen zu beflügeln - die letzten 5 Minuten kamen tatsächlich an das heran, was man sich von einem Spiel zwischen dem bosnisch-herzegovinischen Meister und dem Cupsieger der letzten Saison erwartet hätte.

Bleibt zu hoffen, dass Teil 2 meines Premijer Liga-Plans nächste Woche (FK Željezničar : NK Jedinstvo Bihać) etwas sehenswerter wird - bis auf die nette Sommerbräune, die ich mir gestern Nachmittag geholt habe, war das Spiel ja kaum die bezahlten 3KM wert.

(noch ein paar Fotos von gestern gibt's hier)

Außerdem:

1) Der Eintrag vom letzten Mal wurde durch die versprochenen Videos ergänzt. ;)

2) Heute in zwei Wochen flieg ich schon wieder heim - is das nicht unpackbar?! Hab mich gestern beim Herumspazieren erstmals dabei ertappt, dass ich mich von irgendwelchen Plätzen verabschiede, so auf "hmm, naja... vielleicht das letzte Mal, dass ich hier stehe/entlanggehe/runterschaue". Das is garnicht schön, irgendwie, obwohl ich mich doch auf Wien freue...

2007/09/13

Everybody's been there and I don't mean on vacation...

Soso, Neum also... Wie der zu unserer Konferenz eingeladene Menschenrechtsexperte Michael O’Flaherty, welcher in den 90ern selbst einige Zeit in BiH aktiv war, sehr treffend bemerkt hat, nicht gerade ein Ort, von dem man erwartet, dass man sich da noch jemals wieder hinverirren wird. Etwa 11km bosnische Küstenlinie, zugebaut mit betonklotzartigen Hotelmonstern aus den in architektonischer Hinsicht definitiv eher grausamen späten 70ern... Theoretisch ist das Bosnien und Herzegovina - praktisch fühlt man sich aber nach Kroatien versetzt. Zumindest war das mein Eindruck - der unter anderem dadurch verstärkt wurde, dass mir in der Hotelbar die TV-Übertragung des EM-Qualifikationsspiels BiH vs. Moldawien verweigert wurde (nachdem ich einigermassen gestresst vom Abendessen zum Hotel zurück gehetzt war, um wenigstens noch die 2. Halbzeit zu sehn, tsss) und das, obwohl der ältliche, mürrische Kellner und ich die einzigen Leute in der Bar waren. Ein wunderbares Beispiel auch für das Selbstverständnis von Menschen in Dienstleistungsberufen aller Art in diesem Land, hehe... CRO vs. Andorra wurde hingegen in einigen Lokalen gezeigt, wie ich im Vorbeigehn bemerkt habe. Nach dem unerwarteten 0:1 war's das jetzt auch mit dem bosnischen EM-Traum... schade!
Ansonsten aber vier durchaus tolle Tage - auch wenn der lang herbeigesehnte freie Nachmittag am Meer natürlich verregnet und der darauffolgende, mit Konferenzen und Arbeitsgruppen verbrachte Murphy's Law folgend wenig überraschend strahlend schön war. Trotzdem: Die Anreise von Sarajevo durch die Hercegovina bis an's Meer war landschaftlich unglaublich toll und ich habe in den paar Tagen viel Neues gehört und interessante Kollegen (besser) kennen gelernt. Sowohl in beruflicher, als auch privater Hinsicht, hehe...

Diesmal gibt's nicht nur viiiiiele FOTOS, sondern auch ein paar Videos. [edit: da hab ich aufgrund technischer Schwierigkeiten bzw. akuter Unfähigkeit meinerseits wohl erstmal zuviel versprochen... Werden aber noch diese Woche nachgeliefert, hoffentlich]

update: There we go - die angekündigten (künstlerisch äußerst wertvollen) Videos vom Di.Abend in Neum. Angefangen hat das Ganze mit einer kurzen Aufnahme unseres sehr betrunkenen und dementsprechend akut singfreudigen US-Amerikaners, der durch Lili aufgestachelt wurde, für uns seine Nationalhymne darzubieten. Obwohl dies in einer ziemlich gutbesuchten Bar am späten Nachmittag stattfand, wurden wir weiterhin durch alle Anwesenden (inkl. Kellner, bedauerlicherweise) mit Nichtbeachtung gestraft... Dieses Land is wohl an spontane nationalistische Ausbrüche gewöhnt, hehe.
Irgendwie hat sich das "Projekt" dann aber im Lauf des Party-Abends zunehmend verselbstständigt (und gleichzeitig an Professionalität gewonnen, sozusagen)...


United States of America - The Star-Spangled Banner


Kongeriket Norge - Ja, vi elsker


Hayastani Hanrapetutyun - Mer Hayrenik


Cymru - Hen Wlad Fy Nhadau


Konungariket Sverige - Du gamla, du fria


Repubblica Italiana - Il Canto degli Italiani (Fratelli d'Italia)

[n.b. Kann man sich ja denken, wer da wieder zu fünft aufmarschieren musste, damit überhaupt was weitergeht... hehe]

2007/09/09

update

2007/09/06

ethnisch geteilter Kindergarten

Keine grosse Sache, aber einfach mal wieder ein typisches Beispiel (wir kriegen taeglich mails mit aehnlichem Inhalt) dafuer, wieviel in diesem Land auf der Entscheidungsfindungsebene auf Grund von ethnisch/nationalistisch motiviertem politischem Hickhack schief laeuft. Im konkreten Fall geht es um die Ernennung von Ombudsleuten auf Staatsebene, welche fuer den Schutz der Menschen- und anderen Rechte der bosnischen Bevoelkerung zustaendig sein werden. In den beiden Entitaeten, der bosniakisch-kroatischen Foederation und der Republika Srpksa, gibt es diese Institution bereits seit Jahren (wobei die OSCE auf Grund des ihr im Washingston-Agreement von 1994 zugesprochenen Mandats massgeblich am Aufbau beteilgt war), nun soll das Ganze vereinheitlicht werden. Theoretisch, jedenfalls.

The appointment of the Ombudsmen at the session of the BIH HoR [House of Representatives; die groessere Kammer des bosnischen Parlaments] revealed several issues which remained unclear to the last moment:

• Although the president of the Ad Hoc-Commission Azra Hadziahmetovic proposed to the MPs [Members of Parliament; also die Abgeordneten] to appoint three Ombudsmen by secret vote (this was also the recommendation made in writing by the Commissioner for Human Rights in Strasbourg), the HoR rejected this possiblity.

• Already during preparation for the continuation of July session, the representatives of all political parties participating in the BiH HoR could not agree on the proposal for the secret vote and thus the decision was left to the BiH HoR. The SDA [die groesste "bosniakische" Partei in BiH] announced then that they were not in favour of the secret vote, as the secret vote is not regulated by the RuleBook and SDA stand firm to vote only by regulated procedure. Finally upon the voting in the HoR, the SDA votes were decisive and the secret vote was not accepted.

• The proposal to appoint the Ombudsmen by presenting candidate lists was also rejected. The Chairmanship then called for a break (1 hour and 15 minutes) during which no agreement was reached. The appointment of the Ombudsmen was then done by voting for individual candidates.

• Although it was agreed that the Serb Ombudsperson will be appointed first, the HDZ BiH [die bosnische Schwesternpartei der kroatischen HDZ] insisted that the Croat is appointed first; this was accepted and Mariofil Ljubic was appointed with the majority vote.

• When none of proposed Serb candidates won the required entity vote, SNSD [die Partei des Premierministers der Republika Srpska] requested an urgent break which lasted as long as to agree that none of Bosniak candidates would be appointed. Indeed none of 4 Bosniak candidates won the entity vote, and thus the Ombudsmen (Serb and Bosniak) were not appointed.

Comment: Before the discussion about secret vote, the DNZ [die kleine Partei des einigermassen dubiosen Bosniaken Fikret Abdić] representative complained about lobbying for certain candidates, as well as the sloppy work of the Ad Hoc-Commission. He commented that the CVs of candidates were not available; no interviews were conducted with candidates which should indicate their plans and proposals for the work, and there was no information on if the candidates violate the code on conflict of interest. The President of the Ad Hoc-Commission responded that none of these requirements are listed in the Law on BiH Ombudsmen and the amendments of the Law, thus no such documents were prepared.

Ok, also was haben wir da alles Huebsches? Daran, dass in jeder einzelnen Institution/Position immer alle 3 Ethnien vertreten sein muessen, hat sich eh schon jeder gewoehnt. Dass in diesem System einige der brauchbarsten Leute (naemlich die, die sich keiner der drei Ethnien zuordenen wollen/koennen, weil sie aus gemischten Familien stammen oder den Schwachsinn langsam einfach satt haben - ja, solche gibt's hier auch) aussen vor bleiben, weil sie keine nationalistische Lobby hinter sich haben, versteht sich ebenfalls von selbst. Aber dass eine Position wie diese durch das Parlament besetzt wird, ohne dass irgendjemand jemals die Lebenslaeufe der Kandidaten gesehen haette, oder diese tatsaechlich mal ueber ihre potentiellen Plaene befragt wurden bzw. zumindest ausgeschlossen wird, dass hier nicht jemand eingesetzt wird, der befangen/parteiisch ist (also befangener und parteiischer als der Rest des Landes, haha), ist dann schon einigermassen befremdlich. Dass nicht ueberprueft wird, ob die Kandidaten durch Annahme dieses Postens vielleicht in einen Interessenskonflikt geraten (noch dazu in einem Land, in dem lt. allgemein anerkannter Schaetzung ca. 13000 potentielle Kriegsverbrecher herumlaufen, denen bisher kein Prozess gemacht wurde, wovon durchaus nicht so wenige auf den hoechsten politischen und gesellschaftlichen Ebenen zu finden sind), ist dann fast schon auf ironische Weise erheiternd. Aber es steht ja nicht im der Auswahlprozedur zu Grunde liegenden Gesetz (weil vermutlich wieder mal jede ansatzweise sinnvolle Regelung durch eine der drei Ethnien blockiert wurde), also streiten wir mal lieber drueber, wer zuerst abstimmen darf. Vorher wird aber natuerlich ueber den Abstimmungsmodus abgestimmt - nur um dann natuerlich gegen eine geheime Wahl zu stimmen, damit ganz sicher alle Abgeordneten brav auf Parteilinie bleiben und bloss nicht unabsichtlich der Kandidat gewaehlt wird, der am besten fuer den Posten geeignet, aber vielleicht nicht irgendjemandes alter Schulfreund (read: der im Krieg auf der selben Seite Mist gebaut hat) ist.
Insgesamt is das Wahlsystem aber bloederweise durch die Beruecksichtigung diverser den Befindlichkeiten der drei Ethnien geschuldeten Einschraenkungen inzwischen so ein Durcheinander, dass jetzt tatsaechlich trotzdem nur einer von drei Posten besetzt werden konnte.

Und so laeuft das ALLES hier, jedes winzige Detail wird entsprechend der Ethnien gedrittelt und es wird so unendlich viel Zeit und v.a. auch Geld mit solchem Scheiss verschwendet. Sogar von den Geldscheinen gibt es mehr als eine Version, damit nur bloss jeder zufrieden is (anstatt dass sie Blumen oder weissdergeierwas draufdrucken und einmal Ruhe geben). Von der Einfuehrung von Roaming-Gebuehren zwischen der Republika und der Foederation, waehrend diese im ganzen Rest Europas gerade abgeschafft/eingeschraenkt werden, ganz zu schweigen.
Meistens ist es unglaublich interessant, diesem durchaus nicht unsympathischen Land dabei zuzuschauen, wie es langsam(!) und auf grossteils so unpackbar komplizierte/verbohrte/teilweise schlicht falsche Weise versucht, hier wieder Ordnung hinein zu bringen und die gerade auch durch das Dayton-Agreement begruendeten Probleme und Teilungen zu beheben - aber manchmal is es auch einfach nur furchtbar frustierend und desillusionierend.

2007/09/05

kaaaalt und so...

Seit gestern regnet's ununterbrochen und abgekühlt hat's auch mehr als nötig gewesen wäre. Da meine mitgebrachte Garderobe dem Ganzen nicht wirklich gewachsen is, trag ich seitdem staendig Ersatzsocken in meiner Tasche mit mir rum (keine wasserdichten Schuhe) und hab sämtliches langärmliges Zeugs an, das ich hier hab. Super...
Wetterbedingt und überhaupt also eher ruhige Stimmung hier - dementsprechend wird das heute ganz stilgerecht ein Abend für mich allein zuhause. Nachdem ich gestern einen ablenkungstechnisch idealen Abend mit einigen sehr netten Leuten bei Tim & Ben beim Pseudo-Activity spielen verbracht habe, passt mir das eh ganz gut. Angesichts des Datums steht die musikalische Untermalung nicht zur Debatte (schon 19:00 und ich bin erst bei Sheer Heart Attack, tsts), und gleichzeitig wird wohl tatsächlich endlich was bei meiner PS-Arbeit für eine Lehrveranstaltung über die OSCE weitergehn - wäre ja schade, wenn ich das nicht noch schnell hier erledige.

Schon negativer wirkt sich das Wetter aber auf die geplante Wochenendgestaltung aus - mit meiner angestrebten Sommerbräune wird's wohl wirklich nix dieses Jahr. Nachdem am Freitag das jährliche OSCE Staff Recreation Event in
Međugorje stattfindet, und dann anschließend Mo. bis Do. eine Tagung unseres Departments in Neum, wäre der Plan gewesen, statt unnötiger Extrafahrten nach und von Sarajevo lieber gleich an die Küste zu fahren und das Wochenende am Strand zu verbringen. Zwar soll der 11km lange bosnische Küstenstreifen ziemlich zugebaut und generell nicht mit Kroatien oder Montenegro vergleichbar sein, aber nach einem ganzen Sommer ohne Strand und Meer bin ich da auch nimmer wählerisch. Naja, vielleicht wird's ja noch schöner - laut Vorhersage soll das Wetter aber (in Sarajevo und auch an der Küste) vorerst so unsympathisch bleiben.

Wäre ich in Wien (bzw. müsste ich hier nicht befürchten, dass mir das seit seinem Einbau sicher nie gewartete Vaillant Schwarzmarkt-Schmuckstück um die Ohren fliegt), dann würde ich jetzt heizen. Ersatzweise hätt ich gern meine fingerlosen Handschuhe hier - damit würd's sich leichter tippen. Wäre ich in Wien, würde ich mich außerdem heute mit den üblichen Gleichgesinnten im Alive ganz still und leise ein bissl betrinken, und dabei sehr gute Musik hören... und irgendwie macht mir das jetzt doch ansatzweise Heimweh.

->FOTOS

[Wer irgendwas von Queen oder idealerweise eines von Freddie Mercury's Soloalben zu Hause hat, möge doch den Plattenspieler/CD-Player starten und bei einem Bier (oder sonstwas - er war da wesentlich weniger wählerisch als ich es bin, hehe) kurz diesen Geburtstag eines ganz ganz großen Musikers, der leider viel zu früh gehn musste, feiern.]

2007/09/04

This is love, isn't it? When you notice someone's absence and hate that absence more than anything? More, even, than you love his presence?

Jonathan Safran Foer - Everything Is Illuminated


(btw eine definitive Buchempfehlung meinerseits)