2007/07/15

"some things shouldn't be about politics... they should be about people"

Wieder zurück from the field - wir sind Do.Nachmittag nach Banja Luka losgefahren (über Travnik, also war ich dort auch mal wieder... am Rückweg tatsächlich persönlich nicht ganz unbedeutende Stellen im Vorbeifahren wiedererkannt und natürlich grinsen müssen) und haben dort in einem sehr netten Hotel an einem kleinen See übernachtet. Am Freitag ging's dann ins ca. 40 Min. entfernte Prijedor, wo wir uns mit VertreterInnen einer NGO (Association of Women from Prijedor - IZVOR) getroffen haben. Die Organisation versucht unter anderem, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen Justiz und Bevölkerung in Bezug auf die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen zu fördern und zu verbessern, wobei die Fortschritte aber mangels Geld und Interesse auf Seiten der Institutionen nach wie vor sehr spärlich sind. Nachdem ich im Rahmen meiner Arbeit bei der OSCE den aktuellen Stand der Dinge in Bezug auf derartige Outreach-Massnahmen erfassen, sowie Verbesserungsvorschläge und anderswo erfolgreich angewendete Konzepte zusammentragen und auswerten soll, war dieser Bereich ihrer Tätigkeit der eigentliche Grund unseres Besuchs.
Der Hauptteil ihrer Arbeit besteht jedoch im Versuch, das Schicksal mehrerer tausend vermisster Personen aus der Gemeinde Prijedor zu klären, welche vermutlich in die nahegelegenen Gefangenenlager Omarska, Keraterm und Trnopolje gebracht und dort getötet wurden. Mehrere der Hauptverantwortlichen wurden inzwischen vor dem ICTY angeklagt/verurteilt, wobei gleichzeitig auch die Identität vieler weiterer Täter festgestellt und an die bosnische Justiz weitergegeben wurde. Gegen viele dieser ehemaligen Aufseher, Wachen,... liegen inzwischen formelle Anklagen vor; nichts desto trotz leben sie - sowohl auf Grund politischer Einflussnahme, als auch vor allem auf Grund der der Fülle an Anklagen nicht gewachsenen Strukturen - nach wie vor unbehelligt in ihren Häusern in Prijedor, sodass Überlebende oder Hinterbliebene von Opfern ihnen regelmäßig begegnen müssen - hierzu wurden unzählige, teilweise fast unglaubliche Beispiele genannt. Die NGO arbeitet daran, der serbischen Bevölkerung Prijedors die Geschehnisse in den Lagern bewusst und die Namen der Täter publik zu machen.
Manche der ehemaligen Lageraufseher sind heute in Institutionen tätig, welche eigentlich zur Unterstützung potentieller Zeugen von Kriegsverbrechen geschaffen wurden... wenig überraschend werden deren Leistungen kaum in Anspruch genommen. IZVOR versucht, (potentielle) Zeuginnen und Zeugen zu unterstützen, indem Transport/Begleitung zur Aussage vor Gericht, genaue Aufklärung über den Verlauf eines Verfahrens oder auch psychologische Betreuung angeboten werden. Die einen unermüdlich idealistischen Eindruck erweckenden MitarbeiterInnen der NGO sind sich im Klaren darüber, dass es nie möglich sein wird, gegen alle mutmaßlichen Täter, in deren Fall ausreichend Beweise für einen Prozess vorliegen (in ganz BiH ca. 13000 Personen) ein Verfahren zu eröffnen - ihr Ziel ist es, durch die konkrete Möglichkeit von Strafverfolgung und öffentliche Abgrenzung zumindest das Gefühl völliger Sicherheit dieser Personen ins Wanken zu bringen und dadurch eine Art von Ausgleich zu schaffen. Positiv überraschend fand ich darüber hinaus die mehrfach in verschiedenen Zusammenhängen geäußerte Kritik an der muslimischen Gemeinde in Prijedor, welche deutlich machte, dass diese Menschen, welche großteils selbst unmittelbar zu Opfern geworden sind, und/oder zahlreiche Angehörige verloren haben, dennoch fähig sind, die Vorgänge objektiv zu beurteilen.
Reichlich interessante Informationen also, auch wenn nur ein Bruchteil davon für meinen Outreach-Bericht verwendet werden kann. Bin schon gespannt auf das Treffen mit dem Helsinki Committee for Human Rights der Republika Srpska am Mo. - auf diese Organisation bin ich im Zuge der Recherchen für eine Seminararbeit bereits vor einiger Zeit gestossen, wobei mein Bild nicht unbedingt ausschließlich positiv war.

Den Samstagvormittag hab ich dann mit einem ausgedehnten Streifzug über die Ferhadija (Fußgängerzone/Einkaufsstrasse in Sarajevo) verbracht, wobei ich angesichts der geradezu überwältigenden Unterstützung aus der Schatztruhe des "Freistaats" einiges an Büchern, CDs und Anziehzeugs gekauft hab... Am Nachmittag haben Una und ich die Quellen der Bosna in Ilidža, einer Vorstadt von Sarajevo, besucht - wobei ich aber zugeben muss, dass der "brav herumspazieren"-Teil zugunsten von "herumsitzen und tratschen" etwas vernachlässigt wurde... also keine Sorge, ich bin immer noch ich selbst.

Morgen treffen auch die ersten Besucherinnen ein: D und B schauen auf ihrem Balkantrip natürlich auch in Sarajevo vorbei und VR kommt jetzt auf Grund diverser unumgänglicher Planänderungen doch schon morgen statt am Wochenende her. Zwar etwas schlechtes Timing, nachdem ich ja am Mo. von frühmorgens bis in der Nacht in Bijeljina sein werde, aber irgendwie wird sich das schon ausgehn. Das eine oder andere Reminiszenz-Sarajevsko im City Pub sollte auf jeden Fall drinn sein...

>>> FOTOS gibt's auch wieder mal...

7 comments:

Anonymous said...

remember: sara ist überall - auch im freistaat gibt es die "boesen" und die "guten" . . . . und dHdE!

critically_acclaimed said...

wiedermal kryptisch und weise wie der Inhalt eines Glückskeks... ;)

Anonymous said...

werde ich dann auch nur als VR abgekürzt in deinem bericht vorkommen???

critically_acclaimed said...

ich hab keine Ahnung, nachdem ich ja nicht weiss, wer du bist... ;) Grundsaetzlich findet die Anonymisierung ja im Interesse der erwaehnten Personen statt - scheint, als waere das eh ganz in deinem Sinne, hehe. Es kann ja schliesslich nicht so schwer sein, im Kommentarformular auf "other" zu klicken und irgendeinen Namen anzugeben, oder doch?

Anonymous said...

ich bitte um verzeihung,wenn ich zu blöd für diese blog-sache bin...
ich bin deine älteste freundin,die du dann wohl auch in meinem interesse als vr abkürzen wirst.

critically_acclaimed said...

hab ich's mir doch gleich gedacht... :) Und du wärst dann natürlich VT - das R wurde ja überhaupt nur angehängt, um eine Unterscheidung zu ermöglichen. Ich denk aber, ich werd sowieso "Dörte" schreiben, ok? Und sonst?

Anonymous said...

danke für die dörte.wir kennen uns ja doch schon ein bissl länger,da brauchen wir nicht mit kürzeln rumtun...